Es ist paradox, Menschen haben wieder mehr Zeit für Familie und ihre Beziehungen. Wenn wir nur in der Lage wären, diese auch positiv zu nutzen, könnte es die schönste Zeit der letzten Jahre werden.
Wir alle müssen lernen, mit der neuen Situation umzugehen. So oft wie nur möglich zuhause bleiben, soziale Kontakte auf ein Minimum reduzieren und somit den Alltag komplett anders gestalten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, daher rutschen Menschen alleine schon bei dem Gedanken ans „Endlos-Zeit-Haben“ in eine Depression und sind genervt, weil die Routine als Ablenkung für Probleme weg fällt. Sie können die gewonnene Zeit ad hoc nicht genießen, haben Angst oder sind frustriert.
Das Hamsterverhalten meiner Mitmenschen, die Einschränkung meiner persönlichen Freiheit und das Herunterschrauben der eigenen Ziele machten auch mich zu Beginn sehr wütend und traurig. Auch an die Tatsache, dass mein Mann nun öfter zuhause ist, musste ich mich erst einmal gewöhnen.
Keiner weiß, wie lange wir von unseren schönen Erinnerungen und Sehnsüchten noch zerren müssen. Daher sollten wir versuchen, durch Optimismus und mit Hilfe einer positiven Einstellung das Beste aus dieser Situation für uns zu gewinnen.
Wir haben die ersten Wochen bereits überstanden und – ganz ehrlich – ich entwickle sogar eine Zufriedenheit, mit der ich in dieser Krise nie gerechnet hätte.
Vielleicht liegt es tatsächlich daran, dass die Menschheit in diesen Wochen ein wenig (erzwungene) Entschleunigung erfahren darf oder aber weil die Macht der Gewöhnung nicht mehr greifen kann?
Der größte Fehler unseres Lebens ist nämlich der, dass wir – auf der Suche nach unserem Glück – den äußeren Lebensereignissen zu viel Bedeutung beimessen.
Egal, was wir auch erreichen, wie weit wir auch kommen, irgendwann kehren wir zu unserem Ausgangsniveau an Zufriedenheit zurück, da wir uns schlichtweg an das neue Glück gewöhnen.
Die erste Nacht in einem 5-Sterne-Hotel mag ja großartig sein, nach der 100sten Nacht kennen wir das Marmorbad aber zu Genüge und interessieren uns nicht mehr für das prachtvolle Blumenbouquet und den Champagner auf dem Tisch.
Die Gewöhnung an diese „Höhepunkterfahrungen“ geht aber oft nicht nur mit verringerten positiven Emotionen einher, sondern auch mit steigenden Erwartungen an noch mehr Höhepunkte.
Das führt schließlich dazu, dass wir alle zu Gefangenen von Gewöhnungseffekten werden – wie Hamster in einem Laufrad.
Die Einschränkungen durch das Corona-Virus können, sofern wir ihnen positiv begegnen, befreiend wirken und das Erhaschen von einer Packung flauschigen Klopapiers für den ein oder anderen zum Höhepunkt seines Corona-Jahres 2020 werden :)